Samstag, 10. April 2004
Tangotexte
Urteil (Sentencia)

Im Gerichtssaal plötzlich
war Schweigen,
als aufrecht wie eine Eiche
der Ganove mit klarer Stimme sprach.

Ich, Herr Richter, wurde in der Vorstadt geboren,
in der Vorstadt, wo einen das Elend verzweifeln läßt,
im sozialen Morast, wo eines Nachts
die Armut eine Bleibe gefunden hatte.
Als kleiner Junge wühlte ich bereits im Schlamm,
in dem alles, was groß ist, in Fäulnis verfällt.
Wie man dort lebt, Herr Richter, das muß man sehn,
um danach zu wissen, wie man bestraft.

Eine Laterne, die einer traurig verödeten Straße
mit ihrem Lichtschein ein Farbmotiv gibt,
war die Zärtlichkeit meiner Mutter, meiner geliebten Alten,
die es verdienen würde, Herr Richter, als Heilige verehrt zu sein.
Auf der Straße meines Lebens war sie das Licht einer Laterne.
Nun bedenken sie, daß in jener Nacht, als jener Schurke
auf ihre weißen Haare sein niedriges und grausames Wort spie,
ich, vom Zorn geblendet, Mann gegen Mann und ohne Vorteil
aus der Liebe als Sohn, aus meiner heiligen Liebe,
ohne zu denken, verrückt vor Wut, ihn tötete wie ein Mann.

Vergessen sie einen Moment ihre Pflichten,
und lassen sie die Stimme des Gewissens sprechen,
bevor sie entscheiden, wieviel Jahre Zuchthaus
ich als Mann und Sohn bekomme.
Und wenn sie mich nach dem Gesetz verurteilen,
hier steh ich, um das Urteil auf mich zu nehmen;
aber sollten sie einmal ein Schimpfwort über ihre Mutter hören,
dann, Herr Richter, werden sie es wohl bereuen.

Der Gerichtssaal, Damen und Herren,
erstickt im Schweigen.
Als der Ganove weinte,
weinte die Seele
des Volkes über ihr Leid.


Text: Celedonio Esteban Flores
Musik: Pedro M. Maffia
Entstanden 1923. Uraufgeführt vom Orchester Julio De Caro

(Quelle: Tango, von Dieter Reichardt. Über dieses Buch wurde bereits hier berichtet)

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Freitag, 9. April 2004
Daumenkino des Mittelalters
Wie 600 Jahre alte Bilder im Computer das Laufen lernten, wird in der ZEIT beschrieben:
1999 beschlossen das Kunsthistorische Institut und die Universitätsbibliothek Heidelberg nach langjährigen Vorarbeiten, 27 mittelalterliche Handschriften zu fotografieren und digitalisieren. Und während dieser Arbeit, von deren diversen Schwierigkeiten noch die Rede sein wird, widerfuhr der Kunsthistorikerin Lieselotte E. Saurma und der Bibliothekarin Maria Effinger im Frühjahr 2001 ein kleines Wunder. Als nämlich alle Daten und Bilder endlich im Computer gespeichert waren, drückten die beiden versuchsweise auf schnellen Vorlauf. Und siehe da: „Plötzlich erwachten die fast 600 Jahre alten Bilder auf dem Schirm zum Leben und schienen sich wie ein Comicfilm vor uns zu entfalten“, staunte Saurma. Die alten Handschriften erschienen in einem völlig neuen Licht. Einige Bücher entpuppten sich als regelrechte Daumenkinos.
Das Heldenepos Sigenot kann in digitalisierter Form auf der Homepage der Uni Heidelberg besichtigt werden.

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Mittwoch, 7. April 2004
Bush-Zettel, Äh..Waschzettel
Beim Kauf einer amerikanischen Computertasche fand ein Amerikaner auf dem Waschzettel unter anderem folgenden Satz:
»Entschuldigung, daß unser Präsident ein Idiot ist. Wir haben ihn nicht gewählt.«
Ist das jetzt eine verkaufsfördernde Maßnahme?

Text und Bild bei: IT&W

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Dienstag, 6. April 2004
Pulitzer-Preise 2004
Die "Los Angeles Times" hat ihren Ruf als eine der besten Zeitungen Amerikas mit fünf Pulitzer-Preisen weiter gefestigt, berichtet der STANDARD.

Die Pulitzer-Preisträger in einer ANSICHTSSACHE

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Montag, 5. April 2004
Philip Roth: ShopTalk
Philip Roth wirft in seinem neuem Buch Shop Talk einen Blick auf Europa,
(...) zum Beispiel auf Prag, das Roth schon 1970 bereiste (bis er, da Amerikaner und weltberühmt, ab 1975 keine Visa mehr bekam). Roth hat immer wieder Gespräche mit Kollegen geführt, bei denen er sich selbst suchte: Primo Levi, Isaac Bashevis Singer, Milan Kundera, Ivan Klima, Aharon Appelfeld. Diese Gespräche sind nicht aus literarischen, sondern aus wichtigeren Gründen ergiebig. Zum Beispiel, weil sie oft die angeblich "typisch amerikanische" Naivität gegenüber "dem Osten" - als Religion, als Literatur und als politischer Begriff genommen - zeigen. (...)

Mehr beim STANDARD

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Sonntag, 4. April 2004
Tango Historie
An dieser Stelle wurde bereits über die Geschichte des Tango berichtet, allerdings nur in einer englischsprachigen Abhandlung.
Hier kann man sich auch auf deutsch einen ersten Überblick über die Entwicklung des Tango Argentino verschaffen. Helena Rüegg gibt eine kurzen, aber recht kompetenten Einblick in die Tangogeschichte. Theorien gibt es viele, unter anderem auch die, dass das Wort "Tango" japanischen Ursprungs sei und der Tango von japanischen Einwanderern auf Kuba "erfunden" wurde.

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Samstag, 3. April 2004
Gedicht
«über rom, im lichten hain / im schatten der akazie / stille. warten auf rosé-wein. / ecco. prego. grazie. / trinkgeld geben. kaiser sein. / über rom, im lichten hain.»
(Helmut Krausser)

Etwas für Prosa-Liebhaber. Wo? Auch hier, in der NZZ, und von Hans Christian Kosler besprochen.

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Welche Zukunft hat das Verbrechen?
Bernhard Fetz spielt in der NZZ gedanklich mit dem Genre der Science Fiction-Literatur und dem Kriminalroman. Dabei widmet er sich einem Roman des heute kaum bekannten österreichischen Expressionisten Hans Flesch mit dem Titel "Baltasar Tipho". Diesem stellt er ein Kultbuch der Science Fiction Literatur, nämlich Philip K. Dick's «Do Androids dream of electric sheep?» gegenüber, welches bekanntlich die filmische Vorlage für Ridley Scott's "Blade Runner" lieferte.
Die (längere, aber doch kurzweilige) Betrachtung von Bernhard Fetz mündet schließlich in der Frage, ob "die Guten gut und die Bösen böse bleiben, wenn ihr evolutionärer Status auf dem Spiel steht?"
Ein interessanter Ansatz, wie ich finde, vor allem, wenn man Science Fiction Literatur mag. Gleichzeitig wird man mit einem weitgehend vergessenen Literaten, nämlich Hans Flesch, konfrontiert. Ich muß gestehen, dass ich bisher überhaupt noch nicht von ihm gehört habe. Oder doch?

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